Die Handlung
„Vorbereitung ist die halbe Miete“, heißt es im Volksmund. Ich persönlich würde sogar noch eine Schippe drauflegen und behaupten, dass Vorbereitung und klare Prozesse mehr als 80 % des Erfolges ausmachen. Wo dies besonders deutlich wird, ist beim Bergsteigen, denn hier kann selbst der kleinste Fehler in der Vorbereitung für den Abbruch einer Besteigung sorgen.
Im Jahr 2020 setzte ich mir zusammen mit einem Freund das Ziel, den höchsten Gipfel Europas, den Mont Blanc, zu besteigen. Neben einer monatelang andauernden Vorbereitung in Eigenregie ließen wir uns zudem von einem Personal Trainer individuelle Trainingspläne erstellen, um auch wirklich bestens gerüstet zu sein. Es war eine Zeit der Investition (vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche bewältigt man schließlich nicht einfach mal so nebenbei), sogar einer ausgesprochen notwendigen; denn das Besondere an unseren Plänen war, den kompletten Weg – sprich vom Tal Les Houches, das auf circa 1.000 Metern liegt, bis auf den Gipfel in 4.810 Metern Höhe und wieder zurück – innerhalb von 24 h zu bestreiten. An einem wunderbar sonnigen Tag im August ging es dann los.
Um in den unteren Abschnitten leichter voranzukommen, nutzten wir eine Zwei-Schuh-Strategie. Das bedeutet: Trailrunning-Schuhe an die Füße, Bergschuhe an den Rucksack. Weshalb ich meine Bergschuhe allerdings nur in die Schnalle des Rucksacks geklemmt und nicht noch zusätzlich mit Schnürsenkeln festgebunden habe, ist mir bis heute ein Rätsel. Immerhin ging das 2.000 Höhenmeter gut. Als die Dämmerung einbrach, galt es für uns gerade, sich einen Weg über Felsen zu bahnen. Da der Pfad nicht besonders gut markiert war und es zusehends dunkel wurde, nutzen wir unsere Stirnlampen sowie das GPS unserer Sportuhren. Beim Erreichen des ersten Schneefeldes wurde es dann Zeit, das Schuhwerk zu wechseln. Wie Du Dir vielleicht schon denken kannst, hatte sich jedoch einer meiner Schuhe aus der Schnalle gelöst und auf dem Weg verabschiedet.
Umkehren, bei völliger Dunkelheit einen Schuh suchen und das auf einem Weg, der nicht der geplanten Route entsprach? Nur weil ich nicht gründlich genug war? Ich sah mich den Tränen nahe. Nein, das wollte ich meinem Freund nicht antun! Also hieß es: Ich und mein GPS sind dann mal weg. Nach anderthalbstündiger Suche kehrte ich zu meinem Freund zurück – ohne zweiten Schuh. Selbst die beiden Hütten, bei denen wir auf unserer Reise noch vorbeigekommen wären, teilten mir nach einem Anruf mit, dass sie leider keine Bergschuhe für mich hätten. Uns blieb folglich nichts anderes übrig als schweren Herzens den Rückweg anzutreten. Also liefen wir los.
Keine 50 Meter von der Stelle entfernt, an welcher wir unser Schuhwerk wechseln wollten, stieß ich plötzlich einen Schrei aus und rannte los. Mein Freund schaute mich entgeistert an, bis sein Blick auf das fiel, was ich eben noch vom Boden aufgehoben und vor Freude geküsst hatte – mein verlorener Schuh. Davon, wie dankbar ich dafür war, dass wir die Besteigung nun doch erfolgreich fortführen konnten, muss ich wohl keinem erzählen. Genauso wenig, wie von meinem Versprechen an mich selbst, nie wieder so unachtsam zu sein, sondern meine Materialien gründlich zu prüfen und zu sichern. Um nun die Brücke zu schlagen: Was im Bergsport gilt, gilt ebenso für unseren Alltag. Gute Vorbereitung gepaart mit klarer Ordnung erspart uns Ärger und schenkt uns Lebenszeit, die wir für wichtigere Dinge nutzen können als sie ans Suchen zu verschwenden. Wie siehst Du das?
Das Fazit
Wenn Du Dir selbst den Druck von den Schultern nimmst und Dinge loslässt, bewegst Du Dich viel leichter durch den Fluss des Lebens. Lass Gewohnheiten nicht zu Ungunsten der Sorgfalt Überhand nehmen, denn manches Mal trägst Du nicht nur Verantwortung für Dich, sondern auch Dein Team.